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Neue Übergangsfristen für das Verbot der Haltung von Schweinen in unstrukturierten Vollspaltenbuchten

FAQs: Neue Übergangsfristen für das Verbot der Haltung von Schweinen in unstrukturierten Vollspaltenbuchten

Was sind klassische Vollspaltenbuchten in der Schweinehaltung?

Vollspaltenbuchten sind Buchten mit Betonböden, in die Schlitze eingelassen sind, durch die Kot und Harn abfließen können. So stehen die Schweine trocken und das Ausmisten entfällt weitestgehend. Die gesamte Bucht der Schweine besteht einheitlich aus diesem Bodensystem. Es gibt grundsätzlich keine unterschiedlichen Funktionsbereiche bzw. Strukturen, die unterschiedlichem Verhalten dienen wie z.B. ein Fressbereich, ein Liegebereich, ein Beschäftigungsbereich und ein Kotbereich.  

Ist diese Art der Haltung künftig verboten?

Verboten ist seit 1. Jänner 2023 die Haltung von Schweinen in unstrukturierten Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereich für alle baurechtlich bewilligten neu gebauten oder umgebauten Anlagen (§ 18 Abs. 2a Tierschutzgesetz-TSchG). Nähere Vorgaben an strukturierte Vollspaltenbuchten im Rahmen der sogenannten „Gruppenhaltung neu“ finden sich in Anlage 5 Punkt 5.2a der 1. Tierhaltungsverordnung.

Welche Maßnahmen sieht diese „Gruppenhaltung neu“ vor?

Auch im Rahmen der Bestimmungen zur „Gruppenhaltung neu“ wird zu Beginn festgehalten, dass in neuen oder umgebauten Ställen keine unstrukturierten Vollspaltenbuchten mehr erlaubt sind.

Die Vorgaben im Detail:

„Für ab dem 1. Jänner 2023 neu gebaute, umgebaute oder erstmals in Betrieb genommene Gruppenhaltungen von Absetzferkeln, Mastschweinen und Zuchtläufern gilt:

1. Die Haltung in unstrukturierten Vollspaltenbuchten ist verboten.

2. Die Buchten müssen über einen planbefestigten Liegebereich im Ausmaß von einem Drittel verfügen, der entweder geschlossen und eingestreut ist oder einen maximalen Perforationsanteil von 10% aufweist. In der Ferkelaufzucht können im Liegebereich Kunststoffböden mit einem höheren Perforationsanteil verwendet werden.

3. In Buchten ohne eingestreuten Liegebereich sind mindestens zwei verschiedene Beschäftigungsmaterialien anzubieten. Ein organisches Beschäftigungsmaterial muss ständig verfügbar sein.

4. Die Mindestbuchtenfläche hat 10m² für Absetzferkel und 20m² für Mastschweine zu betragen. Unterschreiten Buchten diese Werte, so muss der Liegebereich jedenfalls geschlossen und eingestreut sein und die Mindestfläche je Tier gemäß Ziffer 5 ist bis zu einem Tiergewicht von 110 kg um 10% zu erhöhen.

5. Jedem Tier muss mindestens folgende uneingeschränkt benutzbare Bodenfläche zur Verfügung stehen:

Tiergewicht¹ Mindestfläche
bis 20kg 0,25m²
bis 30kg 0,40m²
bis 50kg 0,50m²
bis 85kg 0,65m²
bis 110kg 0,8m²
über 110kg 1,2m²

¹im Durchschnitt der Gruppe

6. Geschlossene Warmställe müssen für die Haltung von Aufzuchtferkeln über Einrichtungen zur Schaffung von Temperaturzonen oder eine geeignete Kühlmöglichkeit und für die Haltung von Mastschweinen über eine geeignete Kühlmöglichkeit verfügen.“

Ab wann gilt das Verbot der Haltung von Schweinen in unstrukturierten Vollspaltenbuchten für alle Haltungen?

Im Rahmen der Novelle des Tierschutzgesetz 2022 (BGBl. I Nr. 130/2022) wurde in § 44 Abs. 29 eine Übergangsfrist bis 2040 für das Inkrafttreten des Verbots festgelegt. Im Mai 2023 stellte die burgenländische Landesregierung jedoch beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Antrag, diese – aus ihrer Sicht zu lange – Übergangsfrist als verfassungs- bzw. gesetzeswidrig aufzuheben. Der VfGH hat in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 2023 dem Antrag stattgegeben und die Übergangsfrist für verfassungswidrig erklärt. Diese sei zu lange bemessen und stelle einseitig auf den Investitionsschutz der Landwirte ab. Der VfGH hat zur Sanierung der Bestimmung eine Frist bis 31. Mai 2025 eingeräumt.

Wurde die Bestimmung rechtzeitig saniert?

Ja, nach intensiven Verhandlungen seit Regierungsantritt im März 2025 konnten sich die Koalitionspartner auf eine Sanierung der aufgehobenen Bestimmungen einigen, die sowohl das Tierwohl, als auch die wirtschaftlichen Interessen der Landwirt:innen ausgewogen berücksichtigt. Die entsprechende Novelle des Tierschutzgesetzes wurde in der Sitzung des Nationalrates vom 13. Mai 2025 beschlossen.

Wie sieht die neue Übergangsfrist aus?

Um den Betrieben eine Umstellung auf die neuen Haltungsvorgaben zu ermöglichen, tritt das Verbot der Haltung von Schweinen in unstrukturierten Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereich grundsätzlich mit 1. Juni 2034 für alle Betriebe in Kraft. Für einige wenige Betriebe (rund 170) gibt es eine Ausnahmeregelung. Dies sind Betriebe, die nach Neubau oder baulichen Maßnahmen im Bereich des Bodens oder der Buchtengröße zu diesem Zeitpunkt (1. Juni 2034) nachweislich weniger als 16 Jahre Übergangsfrist hätten (es wurde z.B. im Jahr 2019 ein neuer Schweinestall gebaut). Um Härtefälle zu vermeiden, wird diesen ermöglicht, ihren Betrieb in der ursprünglichen Form volle 16 Jahre zu nutzen, auch über den 1. Juni 2034 hinaus. Landwirte die von dieser individuellen Übergangsfrist Gebrauch machen wollen, müssen jedoch unter Vorlage entsprechender Nachweise bis spätestens 31. Dezember 2027 eine Meldung an die Behörde (zuständige Bezirksverwaltungsbehörde) erstatten.

Warum beträgt die neue Übergangsfrist noch immer neun Jahre, ist das nicht zu lange?

Der Bau von neuen Ställen kostet sehr viel Geld (bis zu 1 Mio. Euro) und es sind große Investitionen zu tätigen. Landwirte sind zumeist Einzelunternehmer, die eine gewisse Planungssicherheit benötigen, um solche großen Projekte durchzuführen. Deshalb wurde eine Übergangsfrist festgelegt, die sowohl das Wohl der Tiere berücksichtigt, sich aber auch an der betrieblichen AfA (Abschreibung für Abnutzung) orientiert.

Welche Verbesserung bringen die neuen Übergangsregelungen für das Tierwohl?

Das Tierwohl wird im Vergleich zur alten (verfassungswidrigen) Bestimmung gleich durch mehrere Maßnahmen verbessert:

  • Die Übergangsfrist für das Inkrafttreten des Verbots der Haltung von Schweinen in unstrukturierten Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereich wurde von ursprünglich 17 Jahren auf 9 Jahre verkürzt. Damit gelten die Bestimmungen der „Gruppenhaltung neu“ der Anlage 5 Punkt 5.2a der 1. Tierhaltungsverordnung ab 1. Juni 2034 für grundsätzlich für alle Schweinehaltungen (ausgenommen rund 170 Betriebe, die Ende 2038 auf den neuen Standard umstellen müssen).
  • Bereits mit 1. Juni 2029 gelten für alle Schweinehaltungen die Vorgaben der „Gruppenhaltung neu“ hinsichtlich Beschäftigungsmaterial und Besatzdichte (für Mastschweine und Zuchtläufer ab einem Tiergewicht von über 30 kg im Durchschnitt der Gruppe).
  • Das Projekt IBeST+ bleibt bestehen. Das Projekt hat zur Aufgabe, die Anforderungen zur Strukturierung und Ausgestaltung der Buchten sowie der Böden als Alternative zu bestehenden Vollspaltenbuchten im Sinne des Tierwohls zu entwickeln und ist bis Ende 2026 abzuschließen. Die Ergebnisse des Projekts sind von der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz zu begutachten und sind als Grundlage für die Entwicklung eines neuen Mindeststandards in der Schweinehaltung heranzuziehen.

Warum braucht es überhaupt eine Übergangsfrist? Warum kann man nicht einfach Stroh in die Ställe streuen?

Klassische Vollspaltenställe sind nicht auf die Verwendung von Stroh ausgelegt. Das Stroh würde die unter dem Boden liegenden Abflusskanäle verstopfen. Mit Stroh eingestreute Ställe sind außerdem sehr arbeitsintensiv und müssen regelmäßig ausgemistet und gereinigt werden. Dies bedeutet eine viel höhere Arbeitsbelastung, als ein Vollspaltenstall, auf die ein Betrieb derzeit nicht ausgelegt ist.  Zudem nimmt Stroh den Urin nicht immer vollständig auf und es kommt auch hier zu Emissionen und Ammoniakbelastungen der Tiere und der Umwelt. Die Verfügbarkeit von Stroh ist nicht in allen Regionen gegeben und die Qualität des Strohs beeinflusst die Gesundheit der Tiere (z.B. durch Mykotoxinbelastung).

Mit Ende 2032 ist auch die Haltung von Sauen in Kastenständen verboten, warum fallen diese Fristen zeitlich zusammen?

Das Ende der Übergangsfrist mit 1. Juni 2034 wurde bewusst in zeitlicher Nähe zum Ende der routinemäßigen Haltung von Sauen in Kastenständen festgesetzt. Etwa die Hälfte der schweinehaltenden Betriebe hält Zuchtsauen und Mastschweine. Für diese Betriebe soll ein Anreiz gesetzt werden, die erforderlichen Anpassungen an den jeweils neuen Standard in einem Bauvorhaben umsetzen zu können. Gleichzeitig wird dadurch eine Ungleichbehandlung zwischen diesen Betrieben und jenen mit ausschließlicher Mast verhindert. 

Der Verfassungsgerichtshof kritisierte auch eine Ungleichbehandlung bei den Markteintrittskosten. Wie wurde dieses Problem gelöst?

Um der Forderung des VfGH zur Beseitigung von Ungleichbehandlungen bei den Markteintrittskosten nachzukommen, gelten bereits ab 1. Juni 2029 bestimmte Vorgaben der „Gruppenhaltung neu“ der Anlage 5 Punkt 5.2a der 1. Tierhaltungsverordnung für alle Betriebe.

Dies umfasst die Vorgaben hinsichtlich:

  • des verpflichtenden Angebots von Beschäftigungsmaterialien und
  • der Verringerung der Besatzdichte jedoch eingeschränkt auf Mastschweine und Zuchtläufer ab einem Tiergewicht von über 30 kg im Durchschnitt der Gruppe.  

In welche Richtung soll sich die Schweinehaltung in Zukunft weiter entwickeln?

Das bereits begonnene Projekt IBeST+ zur Evaluierung von österreichischen Schweinemastställen mit unterschiedlichen Haltungssystemen hinsichtlich Tierwohl und Ökonomie wird weitergeführt. Ziel des Projekts ist es, die Anforderungen zur Strukturierung und Ausgestaltung der Buchten als Alternative zu den bestehenden Vollspaltenbuchten zu entwickeln, um ein höheres Tierwohl zu ermöglichen. Die Ergebnisse sollen als Basis für die Entwicklung eines neuen Mindeststandards (gültig für die Haltung von Mastschweinen) dienen. Dabei sollen insbesondere die Beschaffenheit des Bodens (perforiert, geschlossen, planbefestigt) sowie die Perforationsdichte, der Einsatz von Beschäftigungsmaterial sowie die Strukturierung der Buchten durch Funktionsbereiche untersucht werden. Weiters sollen die Auswirkung auf das Tierwohl (insbesondere eines physisch und temperaturmäßig angenehmen Liegebereichs) sowie die ökonomischen, arbeitstechnischen und ökologischen Auswirkungen bewertet werden. Das Verbot des routinemäßigen Schwanzkupierens soll ebenfalls berücksichtigt werden.

Das Projekt ist bis Ende 2026 abzuschließen und im Anschluss von der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz zu begutachten. Diese Grundlagen sind unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer betroffener Haltungsanlagen für die Entwicklung eines neuen rechtlichen Mindeststandards bei der Haltung von Schweinen heranzuziehen.

Warum ist in der neuen Regelung kein konkretes Datum mehr bezüglich der Einführung eines neuen Mindeststandards vorgesehen?

Dies war wichtig, um den Ergebnissen des IBeST+ Projekts und dem Gutachten der Fachstelle nicht vorzugreifen und eine verfassungswidrige Selbstbindung des Gesetzgebers hinsichtlich zukünftiger Regelungen zu verhindern. Die alte Regelung hätte zudem vorgesehen, dass der neue Mindeststandard für bestehende Schweinehaltungen im Rahmen eines 23-jährigen Investitionsschutzes für bestehende Betriebe erst weit über das Jahr 2040 hinaus in Kraft tritt. Dieser 23-jährige Investitionsschutz findet sich in den nunmehr beschlossenen Übergangsbestimmungen nicht mehr.


Mai 2025